Montag, 19. Januar 2009

netzpolitik.org: FRAUNHOFER BAUT “BESSERE” VIDEOÜBERWACHUNG

Dies habe ich bei netzpolitik.org gelesen:
„Der Deutschlandfunk berichtete über ein neues Videoüberwachungssystem, dass Personen lückenlos verfolgen können soll: Von Kamera zu Kamera.“


Hierzu fällt mir folgende Kurzgeschichte von Twister ein:

Kamera-Überwachung

Herzlichen Glückwunsch, Paul


Etwas aufgeregt war er schon, als er den großen Umschlag öffnete und stolz die Urkunde hervor zog.

"Wow." Er konnte es an ihren Gesichtern sehen - sie waren beeindruckt, auch wenn sie versuchten, das lässig zu überspielen. Sandra war diejenige, die die Sektflasche öffnete und die Gläser verteilte.

"Auf Paul!"

"Auf Paul!" Sie stießen mit den Gläsern an und ließen ihn hochleben.

Später, viel später, fand die Party ein Ende. Sandra und die anderen gingen und ließen Paul allein. Er rahmte seine Urkunde und hängte sie neben den anderen auf. Vier Jahre lang immer wieder eine Auszeichnung, das sollte ihm mal jemand nachmachen! Er war überzeugt davon, dass er es auch nächstes Jahr wieder schaffen würde, und dann bekäme er eine Sonderurkunde - und ein Präsent vom Kanzler, darauf arbeite er schon lange hin.

"Er ist doch ein netter Kerl." sagte Sandra draußen zu den anderen und versuchte, die Kommentare, die jetzt ein wenig hämisch wurden, zu stoppen.

"Klar ist er das - deshalb hat er ja auch die Urkunde bekommen." lachte Franziska und winkte in eine der unzähligen Kameras, die ihren Weg beobachteten. "Ich sag ja auch nichts Gegenteiliges."

Die Kamera schaltete sich aus, als die kleine Truppe vorbei war und blieb aus, als einer, der ein wenig aussah wie Paul, vorbei kam. "Ein Unauffälliger." meinte Thomas und wollte sich ausschütten vor Lachen. Der Mann winkte in die Kamera und verzog dann ein wenig das Gesicht, als sei er enttäuscht und deprimiert. Tja, jeder nahm es eben anders auf, wenn er so deutlich mitbekam, dass er zu den Unauffälligen gehörte.

Paul bildete sich zum Beispiel etwas darauf ein, dass er schon vier Jahre lang Urkunden dafür bekam, dass er so unauffällig war, dass man es nicht in Betracht gezogen hatte, sein Telefon zu überwachen. Damit gehörte er zu den knappen 4 %, die jedes Jahr benachrichtigt wurden. Umgekehrt wäre es einfach Ressourcenverschwendung gewesen, hatte das Bundesinnenministerium verkündet.

Und so blieb den Unauffälligen wenigstens noch ein wenig Stolz. Paul jedenfalls sah den anderen hinterher und blickte zu den Kameras und den Richtmikrophonen, die ihn völlig ignorierten. Eine Träne fiel auf seine Ausgabe der "Neuen Deutschen Sicherheitsrichtlinie", und als er die fröhlich dreinblickende Kamera sah, die, wie eine Geburtstagskarte mit Musikchip, ein "Big Brother is watching you" summte, wenn man sie antippte, überlegte er, wie so oft, ob es wirklich wahr war, dass diese Worte mal eine negative Bedeutung gehabt hatten.

Diese Kurzgeschichte wurde von Twister unter einer Creative Commons Namensnennung-Keine kommerzielle Nutzung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 Deutschland Lizenz veröffentlicht.

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